CD Review: Alestorm – Back Through Time

Die Piraten segeln wieder, und sie sind stärker, besser und härter als je zuvor!
Wo das letzte Album „Black Sails At Midnight“ irgendwie versuchte, böse, hart  und ernst rüberzukommen und dabei die Leichtigkeit und Partystimmung des Debüts ein wenig vernachlässigte, schafft es „Back Through Time“, diese beiden Elemente perfekt zu verbinden: von den zehn Liedern der CD (es sind elf Tracks, siehe dazu unten) sind neun darauf ausgelegt, mitgegröhlt zu werden; die eine Hälfte sind Mitgröhl-Schunkler und die andere Mitgröhl-Mosher (bzw Headbanger, je nach persönlicher Vorliebe), aber jeder Song hat irgendwo eine Fiedel oder eine Flöte oder irgendein anderes dieser Instrumente, die Chris Bowes so gerne mit seinem Keyboard nachahmt, kombiniert mit harten Gitarren und verdammt gutem Drumming. Soweit ich das beurteilen kann.
Und soweit man das bei einer Band wie Alestorm überhaupt sollte.
Was zählt ist doch, dass man den Chorus JEDEN Songs (vom letzten abgesehen) beim ersten Hören mitgröhlen kann.Was zählt ist, dass Alestorm in einer Zeit, in der „ernste“ Texte voller Blutvergießen, Gewalt und immergleiche Gitarrenriffs und Kreischkehlen die eine Seite der Szene dominieren und auf der anderen Deathcorekiddies von langweiligem Breakdown zu langweiligem Breakdown VDen, während Folkbands sich in abgedroschener Klischeemucke und Flötengedudel ergehen, neun Hymnen kreieren, die an eine Zeit zurück erinnern, als wir mit einem Lächeln im Gesicht abrocken durften.

 

 

Die Quest, die sich die „Swashbuckler“ gesetzt haben, war es, die Wikinger zu zerstören („Back through time, to fight the viking foe“), und meiner Meinung nach haben sie dieses Ziel mehr als erreicht.Während bei vielen Pagan-Bands dieses „Das hab ich schonmal gehört“-Gefühl dadurch entsteht, dass alle irgendwie dasselbe Riff benutzen, klingen Alestorm deswegen so wunderbar anders und trotzdem vertraut, weil sie „nach sich selbst“ klingen; das Argument, ihnen würden die Ideen ausgehen, kontern sie geschickt mit dem Song „Scraping The Barrel“, der nebenbei die zweite große Ballade des Albums darstellt. „If you don’t like it, go start your own band“ heißt es da und „There are no more tales to be told“. Und ohne Ideen zehn Songs abzuliefern, auf einem Album, dass zu keinem Moment langweilig wird, das ist schon eine Leistung.
So, jetzt reden wir doch mal über diese Songs. Ein bisschen zumindest. Es gibt eine Art Fortsetzung von Nancy The Tavern Wench in der Form des „Sunk’n Norwegian“, der mit seiner Fiedel-Melodie, Bowes‘ Gesang und dem einfach nur zum Mitsingen, -schunkeln, und -saufen einladenden Chorus für mich nicht nur den Höhepunkt dieses Albums, sondern des ganzen Backkatalogs von Alestorm darstellt. „Back Through Time“, das schon erwähnte „Scraping The Barrel“ und „Barret’s Privateers“ (übrigens eine Cover eines A-Capella-Liedes, aus dem die vier Piraten ein geniales Shanty gebastelt haben) lehnen sich ebenfalls stark in die Schunkel-Ecke und erinnern eher an das erste Album, während „Shipwrecked“, „Buckfast Powersmash“, „Rum“ und „Midget Saw“ die Geschwindigkeit und Neckbreaker-Attitüde des Großteils der Songs vom zweiten Silberling anlehnt, wobei Midget Saw mit „Hey“-Part und Fiedel im Hintergrund einen interessanten Kontrast besitzt. Mitgegröhlt kann aber, wie ich nochmal ausdrücklich betonen möchte, bei jedem dieser Songs.
Lyrisch wird kein größeres Neuland betreten, es wird immer noch Ale getrunken, Foes bezwungen, Flags gehoistet, aber der Titeltrack und das schon mehrmals erwähnte Scraping The Barrel stechen hervor, der eine wegen der Wahl der Gegner (Wikinger), der andere wegen der auch schon erwähnten Attacken auf Kritiker der Band und all diejenigen, die Alestorm (spätestens nach diesem Album zu Unrecht!) als „Gimmickband“ abtun.
Was ebenfalls heraussticht, zumindest musikalisch, ist der letzte Track „Death Throes Of The Terrorsquid“, der, ähnlich wie „Leviathan“ vom letzten Album von der „klassischen“ Alestorm-Formel abweicht und auch, ähnlich seinem spirituellen Vorgänger, ein wenig langweilig wird, da er zu lang scheint und zu „langsam“, dann jedoch in der Mitte einen Blackmetal-Part vom feinsten auspackt, mit Doublebass-Begleitung und Kreischgesang. Der ganze Part erinnert, auch stimmlich, stark an Cradle Of Filth und hat den Song irgendwie… extrem episch werden lassen. Der Sänger in diesem Part ist ein „Ken Sorceron“, der sonst für „Abigail Williams“ arbeitet, die ich vorher nicht kannte, mir jetzt aber mal reinziehen werde.
Noch zu erwähnen ist der ominöse Track, den ich oben ausgelassen habe, „Rumpelkombo“ (Lyrics von Chris Boltendahl), ein sechs sekunden langer Skit, der sich darauf bezieht, dass der gute Herr Boltendahl Alestorm in einem Interview als „Rumpelkombo“ bezeichnete.
Und wenn sie mit Back Through Time irgendwas bewiesen haben, dann das eine Rumpelkombo zu sein nichts schlechtes ist, sondern etwas verdammt energetisches, dass einen packt, das sich ins Ohr setzt und das einen nicht mehr los lässt, bis das durch übermäßigen Rum-Konsum einsetzende Koma einen hinwegrafft.
Auf der Limited Edition finden sich als Bonustracks noch „I am a cider drinker“, ein Cover irgendeines fröhlichen Songs, den ich noch nie gehört hatte und auch nicht unbedingt hätte hören müssen und die Metal-Version des Songs „You Are A Pirate“ aus der Kindersendung Lazy Town. Wie gesagt, Alestorm haben einen eher kranken Humor.
So bleibt mir nur noch zu sagen „Your viking gods can’t save you now, when Pirates attack from the starboard bow!“ und mich zu verabschieden. Ich habe eine Verabredung mit einem Fass voll Ale.

 

Why is the rum always gone? …
– Cpt McCorax

 

 

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Kommentare

 

One Response to “CD Review: Alestorm – Back Through Time”

  1. Moiners und besten Dank für das nette Review.
    Ein Kleiner Hinweis jedoch: alle Instrumente (Fiddel, Flöten, Bläser) sind echt eingespielt und NICHT vom Keyboard (die Keytar wird nur Live genutzt, die einzigen Keyboardstellen auf der Scheibe sind die Synth Soli).

    Gruß

    Lasse

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