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CD-Review: Le mur – In tenebris

Okt
11

Die Mauer wirft einen Schatten, erzeugt ein Stück Dunkelheit. 48 Minuten lang nehmen uns die drei Psychedelic Rocker von Le Mur (frz.: die Mauer) auf einen Trip mit in diese Dunkelheit (in tenebris = lat.: In der Dunkelheit). Dort begegnen wir schrägen schwer greifbaren Kreaturen.  Sie verfolgen uns und kommen vom Mond. Zumindest wird das im fünften Song dieses interessanten Debütalbums verkündet. Das ist ein wenig beängstigend, aber vor allem abgedreht, abwechslungsreich und spannend. Die Ruhe einer sternenklaren Nacht ist dabei trotzdem fast immer präsent. Der Bandname lässt sich auch als Lemur wie Halbaffe lesen. Diese Doppeldeutigkeit werden wir in ihrer Musik wiederfinden.

 

Um so deutlicher stellt dafür der Name des Albums das Leitmotiv dar. Jeder Songtitel referiert ziemlich direkt auf die Dunkelheit.  Ebenso zerrissen wie homogen präsentieren Le Mur mehr ein Gefühl als eine Geschichte. Das Intro und der letzte Song rahmen die anderen fünf Stücke, beide tragen den Titel O.m.e.n.. (Schein-)Abkürzungen sind ja bereits seit W.A.S.P. ein gängiges Mittel um bedeutungsschwanger zu wirken. Überhaupt gibt man sich im Hause Le Mur intellektuell: mehrere Sprachen und ein Bandfoto mit Schachbrett lassen auf anspruchsvolle Musik hoffen. Und diese Erwartungen werden erfüllt. Die Songs bewegen sich meistens im Midtempo, und lassen der Melodie viel Raum zur Entfaltung.

 

1. O.m.e.n. –  the beginning

Es beginnt mit zerlegten Akkorden auf der Rockorgel und ausgeblasenem Rauch. Der warme Sound zieht den Hörer sofort in seinen Bann.

 

2. cage

Nahtlos setzt der erste richtige Song des Albums ein und entfaltet eine hypnotische Wirkung. „We’re living in a cage“ stößt Matthias Gräf mit herrlich kaputter Stimme hervor und erinnert dabei ein wenig an zartere Orange Goblin. Das anfangs stark riffbetonte Stück wird schließlich immer konfuser, bedächtig eingesetzte spaceige Sounds beschwören eine ruhige Nacht, die für den Reisenden allerlei Merkwürdigkeiten am Wegesrand bereit hält.

 

3. [Titel ist nicht gelistet]

Ein entspanntes, losgelöstes Intermezzo, das durch den Gesang auch hintergründig bedrohlich wirkt, leitet zum nächsten Song über.

 

4. one way ticket to space

Verhältnismäßig kraftvoll und relativ schnell, aber durch gekonntes Spiel mit Gitarreneffekten ebenso abgehoben wie der Rest der Platte. Verspulter Stoner Rock mit leichten Ausflügen Richtung The Who.

 

5. die Nacht der Lemuren (Teil 3)

Zurückhaltende Instrumentierung, Hall auf dem paranoiden Gesang und ein wirrer Mittelteil, der mit der ruhigen Grundstimmung bricht, lassen diese Nummer stark herausstechen. Das Saxophon sorgt für zusätzliche Abwechslung.

 

6. in tenebris

Verdientermaßen der Titeltrack. Mit Orgelpunkt und entrücktem Gesang auf Latein wird eine sakrale Stimmung erzeugt, dann: irres Gelächter, der Saxophonist greift zur E-Gitarre und der Song driftet ab.

 

7. O.m.e.n. –  riddles in the dark

Mit verzerrter Orgel wird zum kompletten Stück ausgearbeitet, was das erste „O.m.e.n.“ begonnen hat. Noch einmal wird die komplette Reichweite der Musik ausgespielt, man präsentiert sich entspannt und wirr in einem. Der Trip findet einen letzten Höhepunkt.

 

Fazit:

Le Mur haben ein besonderes Album geschaffen, das im Gedächtnis bleibt. An die Intensität der ganz Großen reichen sie nicht heran, dafür müsste der Gesang noch mehr unter die Haut gehen und die Rythmusfraktion interessanter agieren. Aber sie erzeugen eine ganz eigene Atmosphäre. Der fast durchweg klare Sound harmoniert perfekt mit der ruhigen, leicht mystischen Stimmung. Die ausgedehnten Soli der Leadinstrumente sorgen für Ausflüge in entlegene Winkel und einen wohligen Orientierungverlust. Hoffentlich gibt es bald Nachschub aus ihrer Welt! Eine große Empfehlung für jeden, der sich gern ein wenig verliert. Halbaffen sind die Herrschaften von Le Mur jedenfalls keine.

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